Baumpflege mit Klettertechnik in Leipzig

 

 Leipziger Rundschau ( 2005) :

Für Cyril Kroczek (32) aus Leipzig ist jeder Tag ein Tag des Baumes. Denn der gebürtige Franzose pflegt mit Pariser Schneid Sachsens Bäume. Als perfekter Kletterer kommt er in die entlegensten Kronen an ungewöhnlichsten Orten

Die Ruhe, die Bäume ausstrahlen, hat sich voll und ganz auf Cyril Kroczek übertragen. Mit sonnigem, französischem Gemüt geht er durchs Leben und klettert auf Bäume. „Niemals in aller Herrgottsfrühe, denn da schlafen die Sinne noch“, ist er sich sicher. Hetzen lässt er sich bei der Arbeit auch nicht, „weil ein falscher Schritt, eine falsche Handbewegung unangenehme Folgen haben könnten“, weiß der Vater eines einjährigen Sohnes und erzählt von einem Kollegen, der beim Bäumeausschneiden mit der Säge abrutschte und sich schwer die Nase verletzte.
Das oberstes Gebot des Handwerkers mit der philosophischen Ader: „Ich behandle und bearbeite jeden Baum so, als wenn er ein Denkmal in einem Botanischen Garten wäre.“ Dort ist der Natur-Dienstleister aber eher selten am Werk. Cyril Kroczek wird vor allem gerufen, wenn Bäume an brenzligen Orten stehen und gepflegt oder gefällt werden müssen: an Uferböschungen, dicht bebauten Innenhöfen, engen Straßen, gefährlichen Kreuzungen. Überall, wo keine Hebebühne zum Einsatz kommen kann, beauftragt man den Kletterer, der dann mit Seil und Säge anrückt.
„Das ist preiswerter, persönlicher und umweltfreundlicher“, zählt er die Vorteile auf. Und wenn er sich in die entlegensten Wipfel vorhangelt, hört er des öfteren von Kunden den Stoßseufzer: Sie sind ja ein richtiger Kletterkünstler. Inzwischen hat er sich das Wort auf seine Visitenkarte drucken lassen. Passend dazu entwarf Kunstmalerin und Freundin Caroline ein Logo, auf dem ein Baum mit einem Menschen verschmilzt.
Ihr zuliebe schlug der bei Paris Aufgewachsene in Leipzig Wurzeln. Weil ihm das Germanistikstudium zu trocken war, sattelte er auf Waldarbeiter um, nachdem er bei Paris mal einen Baumkletterer bei der Arbeit beobachtete. „Als ich ihn sah, wusste ich, dass dies der Beruf für mich ist“, erinnert er sich. Er ließ sich Mitte der neunziger Jahre in Frankreich als Baumpfleger und -sanierer ausbilden. Der deutschen Gründlichkeit wegen, legte er außerdem in Berlin seinen Fachagrarwirt ab.
Seit nunmehr sieben Jahren bietet Cyril Kroczek in ganz Sachsen seine Dienste an. „Ich bin jeden Tag in der Natur, kann sie fühlen und beeinflussen“, zählt er die Vorteile auf. Er beseitigt u. a. totes Holz, lichtet Kronen aus, baut Kronensicherungen ein, fällt Bäume. Dabei gibt er aber zu, dass er lieber Bäume pflegt als fällt. Denn das oft besungene geflügelte Wort „Mein Freund, der Baum“, ist für den Franzosen in Leipzig inzwischen zum Lebensmotto geworden

T.Grillmeister